Wer kennt das nicht. „Wenn ich mehr Zeit habe, dann mache ich mir mehr Gedanken über meine Zukunft. Gerade ist im Job einfach zu viel los…“

Allgemeiner formuliert lautet der Satz:

Wenn ich x geschafft habe, dann kann ich andere Dinge angehen.
X ist also eine harte Kondition, sozusagen eine abhängige Variable (unveränderbar).

Ich kenne das Problem. Es fühlt sich an wie getrieben sein. Ich rede es mir immer wieder schön. „Ach das ist nur mein kleiner Motivator der sich nicht zufrieden gibt. Er bringt mich weiter in dem er meine Messlatte immer höher legt..“ Doch tut „er“ das wirklich? Was wäre denn wenn wir die abhängige Variable X auf null setzen und einfach jetzt anfangen das zu tun was wir dann machen wollen?

In meiner Erfahrung verhalten sich diese wenn-dann Beziehungen oftmals paradox. Platt gesagt: das was am Ende bei rumkommt ist oft nicht das was ich eigentlich erwartet hatte. Statt endlich Entspannung und Zufriedenheit steht schon die nächste Herausforderung da, die empfundene Glückseligkeit wenn ich das endlich geschafft habe, geht gegen null.

Um diese Angelegenheit näher zu betrachen nehme ich mir heute 2 bekannte Psychologen und Autoren von Fach- und populärwissenschaftlichen Büchern zu diesem Thema zu Rate: Daniel Kahnemann und Shawn Achor.

Daniel Kahnemann beschreibt in seinem Abriss über sein Lebenswerk „Thinking Fast and Slow“ die Eigenschaft der menschlichen Psyche nach kohärenten Geschichten und Mustern nach Erklärungen für Umstände unserer komplexen Welt zu suchen. So sehr wir uns auch über statistischen Wahrscheinlichkeiten bewusst sind, wenn unser intuitives Bewertungssystem, eine mit eigenen Erfahrungen und soziokulturellen Prägungen (Bspw. Vorurteile, moralische Konventionen) sinnvolle Geschichte erkennt, dann dominiert diese bei unserer Entscheidungsfindung. Ein Beispiel welches ich erlebe: ich lese ca. 1x im Jahr von Hunden die nach Spaziergängen an den Folgen von Vergiftungen durch Giftköder im süddeutschen Raum versterben. Das führt dazu, dass ich immer wieder regelrechte Panikattacken bekomme wenn mein Hund im Wald mal wieder irgendetwas Leckeres (in der Regel Stinkendes ;)) findet und seine Schnauze dort hineinsteckt. Rein statistisch gesehen liegt die Todesrate von Hunden durch Griftköder vermutlich im 0,x Bereich. Während die Todesrate durch Überfahren oder durch eine Krebserkrankung geschätzt weitaus höher ist. Das Wiederum stört mich als städtischer Hundehalter mit sehr viel Verkehr rund um unseren Wohnblock überhaupt nicht.

Was bedeutet diese Kahnemannschen Erkenntnisse nun für unser Ursprungsproblem?
Ich beobachte bei mir ein ähnliches Muster. „Erst wenn ich dafür gesorgt habe, dass ich in meinem Unternehmen genügend Geld angehäuft habe um nachhaltig Investitionen tätigen zu können, dann bin ich erfolgreich. Dann kann ich mich entspannen. Erst wenn ich in den ersten Monaten meine Geschäftsführer Rolle bei Kunden, Banken und Behörden souverän gespielt habe, kann ich wieder authentisch sein…“
Die Geschichte wird vor allem durch mein Umfeld plausibel und logisch gefördert. „Du musst erst einmal schauen dass das „Kind“ in trockene Tücher kommt, erst einmal alles andere zurückstecken bevor Du es wagst Dich zurückzulehnen“.

Doch bin ich nicht vielleicht auch dadurch erfolgreich ein Unternehmen gegründet zu haben? Die ersten Schritte gegangen zu sein und es funktioniert? Sofort springt eine Stimme in mir an: „nein Roman. Du hattest einfach viel Glück, du darfst Dich jetzt auf keinen Fall ausruhen. Du machst eigentlich viel zu wenig. Schau Dir mal andere Menschen an die ein Unternehmen gründen.“

Das kommt mir doch irgendwie bekannt vor.

Shawn Achor erzählt in the „Happiness Advantage“ davon, wie er als junger High School Absolvent nach Harvard kam und dort viele unglückliche Kommilitonen vorfand. Auch sein gefühltes Glück, über das erreichte Stipendium dass ihm das Studieren an einer der renommiertesten Universitäten der Welt  ermöglichte, fand bald unter Leistungsdruck ein jähes Ende. Er kam zu dem Schluss, dass wir soziokulturell Glück als etwas definieren was als Belohnung hinter einem Aufwand steckt. Haben wir Erfolg, dann sind wir auch glücklich. Erstrebenswert ist ein gewisser materieller Standard (Haus, Auto, Boot, Pool, etc..) und das Gefühl dass wir so viel geleistet haben, dass unsere Kinder es besser haben werden. Glück kommt dann, wenn wir etwas gleistet haben. Davor muss Arbeit kein Spaß machen oder Erfüllung bringen (wir leben ja nicht zum Spaß hier!). Als Belohnung wirst Du Glück empfinden…

Achor ist fasziniert von diesem Phänomen. In Experimenten und Studien zeigt er als Vertreter der Positive Psychology, dass glücklich sein dazu führt dass wir erfolgreich sind. Und nicht wie vor allem in deutsch-preußisch geprägten Gehorsams-Organisationen: erst Erfolg haben („schaffe, schaffe“) dann werden wir auch glücklich sein („Häusle bauen“).  Er dreht also die Formel um! Achor schlägt konkrete Praktiken vor um Dankbarkeit und Positives Denken im Alltag zu fördern um dadurch letztendlich erfolgreich zu sein (was auch immer Erfolg bedeutet ;))

Wer einen kleinen Vorgeschmack auf das Buch möchte (es liest sich wirklich hervorragend), dem empfehle ich diesen kleinen Ted Talk 🙂

Nun zurück zu unserem Eingangsproblem. Mit den Erklärungen von Kahnemann und Achor ist doch alles klar, oder? Dazu noch ein paar praktische Übungen zur Glückseligkeit und wir haben das wenn-dann-Paradoxon besiegt.

Ganz im Gegenteil. Das Wissen darüber macht mich in der Regel noch wahnsinniger. Und so geht es auch vieler meiner Coaching Klienten. Nur weil wir Dinge wissen (zum Beispiel Rauchen schadet unserer Gesundheit) – so sind wir deshalb noch lange nicht in der Lage etwas daran zu ändern. Stattdessen warten wir sehnsüchtig auf externe Impulse die uns endlich aus unserer Lage helfen (zum Beispiel: wenn die Stadt endlich mal für mehr Grünflächen sorgen würde im Innenstadtbereich – dann würde ich auch viel mehr Sport machen!).

Was machen wir denn nun? So ganz kann ich unser Problem auch nicht lösen, es ist meiner Meinung nach ein Prozess. Ein Prozess indem mit jeder bewussten Erfahrung mir eines immer klarer wird*: es gibt kein wenn-dann! Das ist ein Ergebnis unserer Art des Denkens. Es gibt nur ein Jetzt! 

Je mehr ich das bewusst lebe, desto schneller erkenne ich diese wenn-dann-Paradoxien.
Wie mache ich das?

  • Das Arbeiten mit dem inneren Kritiker (siehe bspw hier), oder den eigenen Saboteuren (siehe bspw. hier) hilft mir sehr.
  • Die Erfahrung, dass jeder Schritt den wir Richtung unserer eigenen Erfüllung gehen – sprich aktiv das zu Leben was uns wirklich wichtig ist – steigert mein empfundenes Glück.

Das Allerdings war für mich ohne Coaching-Begleitung nicht möglich. Danke an dieser Stelle allen meine großartigen Coaches und den wundervollen Coachings. Die mich zu dieser Erkenntnis gebracht haben. Stellvertretend Dir Heidi 🙂